Umso älter und selbstständiger dein Kind wird, umso mehr werden Auseinandersetzungen ein normaler Teil eures Alltags werden. Gefühlt kommen immer mehr Dinge hinzu, bei denen ihr unterschiedliche Meinungen habt. Für uns als Eltern können diese Auseinadersetzungen durchaus extrem anstrengend sein.
Als dein Kind noch klein war, konntest du es, wenn es einen Aufstand gemacht hat, noch relativ einfach, auf den Arm nehmen und aus dem Supermarkt, dem Park oder der Küche raustragen. Klar in der Öffentlichkeit konnte das manchmal schon ganz schön peinlich sein… aber, du hast getan, was du konntest. Umso älter unsere Kinder werden, umso komplizierter werden die Konflikte.
Hier sind fünf Tipps, die dir helfen können, eine gesunde Auseinandersetzung mit deinem Kind zu haben:
Sei das Vorbild
Kennst du den Spruch: „Tu, was ich dir sage, aber tu nicht, was ich tue!“
Als Eltern sind wir Vorbilder für unsere Kinder. Und unsere Kinder sind wahnsinnig gute Beobachter. Du kannst deinem Kind dabei helfen, gesunde Auseinandersetzungen zu lernen, indem du sie ihm mit deinem Ehepartner oder anderen Erwachsenen vorlebst.
Selbst, wenn dein Kind noch klein ist und noch nicht sprechen kann, lernt es schon davon, wie du mit Konflikten umgehst.
Schaffst du es, während einem Konflikt ruhig zu sprechen oder schreist du oft und beschämst die andere Person? Wirst du aggressiv oder gehst du einfach weg und ziehst dich zurück? Nimmst du dir eine kurze Pause, um runterzukommen? Schaffst du es, aktiv zuzuhören?
Als Eltern sind auch wir nicht perfekt. Glaub mir, ich schaffe es auch nicht immer, in der Auseinandersetzung, das Vorbild für mein Kind zu sein, das ich gerne wäre. Aber die gute Nachricht ist: Unsere Kinder sind unglaublich darin, uns zu vergeben und uns eine neue Chance zu geben. (Im Vergessen vielleicht nicht - aber im Vergeben schon.) Nimm dir doch mal Zeit, zu reflektieren, wie du im Konflikt reagierst und wie du es gerne ändern möchtest. Die folgenden Tipps können dir dabei helfen.
Fühl dich in dein Kind ein
Meistens fällt es uns alles andere als leicht, empathisch zu sein, wenn wir mal wieder mit unserem Kind mitten in einer Auseinandersetzung darüber sind, ob es noch länger Fernsehen schauen darf oder ob es noch einen Keks vorm Mittagessen haben darf. Als Eltern denken wir nur zu oft, dass unsere Kinder uns einfach zuhören sollten, ohne ständig Fragen zu stellen.
Wenn wir es schaffen, unserem Kind mitten in der Auseinandersetzung Empathie zu zeigen, dann kann das große Auswirkungen haben. Unser Kind hat dann das Gefühl, dass wir uns dafür interessieren, was es denkt und fühlt. Das hilft, die Spannung zu reduzieren und das folgende Gespräch leichter zu machen. Genauso wie wir Erwachsene, haben Kinder die Sehnsucht, gehört und gesehen zu werden.
Hier ist ein Beispiel, wie du das deinem Kind gegenüber ausdrücken kannst: „Ich denke, ich verstehe, du fühlst dich _____ weil _____.“
Höre aktiv zu
Weißt du, was die größte Superkraft eines Therapeuten ist? Aktiv zuzuhören.
Es fällt mir nicht immer leicht, mein Kind ausreden zu lassen und nicht mit meiner eigenen Meinung dazwischen zu grätschen.
Doch es ist wichtig, dass wir uns die Zeit nehmen, zuzuhören, zu wiederholen, was unsere Kinder gesagt haben und es von ihnen bestätigen oder korrigieren zu lassen.
Beispiel: Dein Kind will ein Online Spiel spielen, das Gewalt zeigt und beinhaltet. Wenn du ihm aktiv zugehört hast, kannst du sagen: „Ich verstehe, dass du das Spiel toll findest und dass viele deiner Freunde das zusammen spielen. Ich verstehe, dass du auf diese Weise gerne mit deinen Freunden zusammen spielen möchtest. Aber dein Papa und ich, wir möchten, dass du dir ein Spiel aussuchst, das keine Gewalt beinhaltet. Überleg doch mal, ob es nicht noch andere Spiele gibt, die du mit deinen Freunden zusammen online spielen kannst. Wir können dann gerne später nochmal darüber reden.“
Diese Methode hilft uns auch in Auseinandersetzungen mit anderen Erwachsenen.
Wenn wir unseren Kindern diesen Umgang mit Konflikten vorleben, werden sie ihr ganzes Leben lang davon profitieren.
Bleibe ruhig
Es gibt wahrscheinlich wenig, was uns als Eltern so frustrieren, empören und uns zur Verzweiflung bringen kann, wie ein argumentierendes Kind.
Kinder können wir Vulkane sein. Sie kennen unsere Schwächen. Sie wissen genau, was sie sagen oder tun müssen, damit wir unsere Beherrschung verlieren. Manchmal tun unsere Kinder das mit Absicht, weil es ihre einzige Idee ist, wie sie unsere Aufmerksamkeit bekommen können.
Es ist wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass unser Kind noch darin wächst, seine Gefühle auszudrücken. Für manche Dinge, hat es noch nicht gelernt, Worte zu finden. Deswegen äußert es die Gefühle auf andere Art und Weisen - z.B. schreien, Dinge werfen oder die Tür zuknallen.
Wenn du es schaffst, während einer Auseinandersetzung ruhig zu bleiben, dann bringst du deinem Kind eine unschätzbar wertvolle Fähigkeit bei. Du lebst deinem Kind dann vor, was es heißt, sich selbst beherrschen zu können.
Außerdem kannst du dadurch gleichzeitig die Wut deines Kindes entschärfen. Dein Kind wird merken, dass du dich nicht auf seine Art der Auseinandersetzung einlässt und dass es mit seiner Art nicht weit kommt.
Gib deinem Kind eine Wahl
Wenn wir wollen, dass unsere Kinder lernen, weise Entscheidungen zu treffen, dann müssen wir ihnen Wahlmöglichkeiten geben.
Lass dein Kind seine Sichtweise erklären, erkläre du ihm deine und frage dann dein Kind, wie ihr jetzt mit dieser Meinungsverschiedenheit umgehen könntet.
Wenn du dein Kind und seine Meinung respektierst, wird dein Kind dir auch eher Respekt entgegenbringen.
Klar es gibt Dinge, bei denen wir bei unserer Meinung bleiben müssen und keine Kompromisse eingehen können (z.B. wenn es um die Sicherheit unseres Kindes geht). Es ist wichtig, dass wir in unserer Elternrolle bleiben und notwendige Grenzen setzen, um unsere Kinder zu schützen.
Autor: Dr. Chinwé Williams Original Artikel: https://theparentcue.org/how-to-have-a-healthy-disagreement-with-your-child/
(Ins Deutsche übersetzt von Nora Wendt. Übersetzung kann inhaltliche Anpassungen enthalten.)
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